Tue, 16 April 2024

Otmar Lahodynsky – Gastartikel für Die Presse, 24-02-2024

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Kein Frieden um jeden Preis, Gastkommentar, die Presse , Freitag 24/02/24

Der Ukraine darf kein Friedensvertrag zu den Bedingungen Moskaus oder Pekings aufgezwungen werden.

Von Otmar Lahodynsky

Lahodynsky, AEJ Präsident 2014 – 21

Mit Spannung wird der für heute, Freitag, angekündigte Friedensplan Chinas erwartet. Das Regime in Peking hat eine deutliche Stellungnahme zum Angriffskrieg Russlands bisher vermieden und nur die Drohung mit dem Einsatz von Nuklearwaffen durch Kremlchef Wladimir Putin verhalten kritisiert.

Sonst hat sich Chinas Präsident Xi Jinping mehrfach zu seinem Freund Putin bekannt. Nur Waffen hat er ihm nicht oder noch nicht geliefert. Und Chinas Chefdiplomat Wang Yi hat zuletzt in Moskau die beidseitigen Beziehungen als „felsenfest“ gewürdigt und die USA als Kriegstreiberin kritisiert.

Peking wird also mehr Kompromissbereitschaft von der Führung in Kiew als von Putin einfordern. Ganz nach dem Muster der Resolution von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht, die einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine und den Start von Friedensverhandlungen verlangen.

In der EU nimmt die Kriegsmüdigkeit zu, und die Angst vor einem Atomkrieg steigt. Auch die gestrige Resolution bei der UN-Vollversammlung für einen sofortigen Abzug russischer Truppen und eine Friedenslösung für die Ukraine wollten viele Staaten nicht voll unterstützen.

In Kiew werden unter solchen Voraussetzungen aufgezwungene Verhandlungen als Kapitulation vor dem Aggressor, der ein Fünftel des Territoriums der Ukraine besetzt hält und die Infrastruktur des Landes nach wie vor mit Raketen zerstört, abgelehnt. Obendrein sind zehntausende Opfer unter Soldaten und Zivilisten sowie nachgewiesene Kriegsverbrechen durch die russische Armee zu beklagen.

“Wir sind bereit, über die Bedingungen des Rückzugs russischer Truppen von unserem Territorium zu verhandeln“, erklärte mir ein ranghoher Diplomat im Außenministerium in Kiew. „Aber wir werden keinen einzigen Teil unseres Staatsgebietes aufgeben.“

Die Ukraine sei kurz nach Beginn des Krieges zu Verhandlungen über ein Abtreten mancher Gebiete im Donbass oder auf der Krim bereit gewesen, aber das komme jetzt nicht mehr in Frage.

Das gelte auch für die ursprüngliche Forderung aus Moskau, dass die Ukraine nicht der NATO beitreten dürfe. Tatsächlich hat Putin im Laufe seines völkerrechtswidrig begonnenen Kriegs Fakten geschaffen, die Verhandlungen erschweren oder gar unmöglich machen.

Er hat mehrere Oblaste in der Ukraine der russischen Föderation angeschlossen. Er sprach der Ukraine die Staatlichkeit ab und sieht das Land als „historische Territorien“, die Russland vom Westen abspenstig gemacht worden seien.

Der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets , hat drei Bedingungen für eine Friedenslösung genannt: Rückzug der russischen Armee aus der gesamten Ukraine, Reparationszahlungen Russlands für die angerichteten Schäden und Anklage der Verantwortlichen, also auch Putins, durch ein internationales Tribunal.

Also für Moskau unannehmbare Forderungen.

Russland ist auf alle Fälle in einer besseren Situation als die Ukraine. Es verfügt über mehr Waffen und mehr Soldaten. Und ein Rückzug seiner Truppen stellt den Fortbestand Russlands nicht in Frage, allenfalls die Macht Putins. Die Ukraine verliert dagegen ihre Existenz als selbständiger, demokratischer Staat, falls es zu einem erzwungenen Friedensvertrag zu den Bedingungen Moskaus kommen sollte.

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